Nein gegen Trierer Erklärung

dieBasis zum Nein gegen die Trierer Erklärung, Sören Köppen

Die Ratssitzung vom 1. Februar 2024 war keine gewöhnliche und, da bin ich mir sicher, im geschichtlichen Rückblick hervorstehend. Leider nicht zum Guten. Vorausgeschickt werden muss, dass von Anfang an aufgrund von emotionalen Themen zum Thema Miet- und Mietnebenkosten, der ungewöhnlich gut gefüllte Raum schon spürbar von Spannung gezeichnet war.

Unter TOP 14 wurde die vorab bereits an die Ratsmitglieder übermittelte sogenannte „Trierer Erklärung“ diskutiert. Auf dem Deutschen Städtetag (DST) wurde dieser Text verfasst. Anlass war das Treffen von Mitgliedern konservativer Parteien und einiger Gäste im Potsdam. Nun sollte die Verkündung dieser Erklärung auch im Namen des Lüneburger Stadtrats beschlossen werden. Zwei Mitglieder des Stadtrates sowie der Vertreter der dieBasis haben dagegen gestimmt. Drei Gründe sollen hier genannt werden, denn es scheint ungewöhnlich, dass man gegen eine Erklärung votiert, die doch für Demokratie und Menschenrechte spricht.

1. Sachlich

Der Wortlaut ist schon zu Beginn unrichtig und unvollständig. Man kann ja seine eigene Meinung zu diesem Treffen haben, wie man will. Das unter anderem staatlich finanzierte „Correctiv“ hat inzwischen aber selbst das Wort „Deportation“ gestrichen. Dennoch taucht dieses Wort in dem Text auf. Dies ist sachlich also schlicht falsch. An dem Treffen waren wohl mehrere Vertreter mindestens zweier Parteien anwesend. Da wir in einem freien Land und Rechtsstaat leben, können die sich in Potsdam oder Bremen auch treffen wie sie wollen und privat diskutieren und einladen, was und wen sie wollen. Weiterhin wird unterstellt, dass man wüsste, was dort diskutiert würde. Dem ist nicht so. Das wissen nur die Teilnehmer. Nichts von dem, was unter Umständen rechtlich nicht sauber akquiriert, an Inhalten aus dem Treffen zitiert wird, stammt aus Quellen, die nicht das Fundament einer Presseerklärung oder eines oder mehrerer Interviews mit Beteiligten haben.

Hätte die Trierer Erklärung aus den letzten drei Absätzen bestanden, hätte wohl kaum einer ein Problem damit, hinter dem Text zu stehen. De facto ist aber ein großer, logischer Bruch in dem ersten Absatz, der zudem mindestens den Teilnehmern, wahrscheinlich aber der AFD insgesamt unterstellt, Hass und Hetze zu verbreiten. Das kann man ja tun. Logisch ist dann aber nicht, diese dann ausgrenzen zu wollen und denen dann Spaltung zu unterstellen. Das hat mir noch keiner überzeugend, logisch erklären können.

In der Debatte im Rat hat man auch schnell gemerkt, dass sachlich leer, aber dafür stark missionierend über rechts gesprochen und angefeindet wurde, wer das Wort Linksextremismus auch nur in den Mund nahm. Von offener Debattenkultur und historischen und politischen Kenntnissen war, leider zum wiederholten Male, kaum etwas zu spüren.

2. Faktisch

Wie kann zu den Inhalten eines Treffens Stellung bezogen werden, welches, trotz schriftlicher Einladung und zum wiederholten Male stattfindend, angeblich geheim war? Die Inhalte sind also unbekannt, und durch die private Natur des Treffens auch nicht relevant, aber das ist subjektiv. Es gibt bestimmt eine Vielzahl weiterer Treffen, wo sich Menschen mit oder ohne Parteibuch über Dinge austauschen, die sie an der aktuell herrschenden Politik gut oder schlecht finden. Dieses Treffen hat keinerlei Entscheidungsbefugnis und war wohl auch nicht als beschließendes Gremium irgendeiner Art in der Lage, auch nur Ansatzweise die Politik auf bundes-, landes- oder kommunalpolitischer Ebene zu beeinflussen. Selbst Parteiprogramme und Koalitionsverträge sind Absichtserklärungen und Verabredungen, die eingehalten werden ….. oder auch nicht. Neben den inhaltlichen Unsicherheiten und schlicht Vermutungen, passiert hier also eine faktische Überhöhung oder Überdeutung einer Zusammenkunft.

Viel relevanter ist das Auftreten und die Entscheidungen von Politikern und Mandatsträgern in der Öffentlichkeit. Hier zeigt sich oft, welch Geistes Kind da spricht und ob da tatsächlich Folgebewusstsein und Landeswohl oder pure Taktik und Eigennutz im Vordergrund stehen.

3. Rechtlich

Dies bringt mich zum letzten Punkt. Wir sprechen also von einem privaten Treffen von Menschen, die wohl nicht befugt waren, wahrscheinlich gar nicht beabsichtigten, Entscheidungen zu treffen. Dieses private Treffen, wurde entgegen des Wunsches der Teilnehmer abgehört oder wie auch immer bespitzelt. Trotz mehr als dünner Faktenlage sollte nun der Stadtrat abstimmen und diese Erklärung damit quasi unterschreiben.

Zu Vermutungen und Gerüchten kann ich durchaus eine Meinung haben und diese, unter Maßgabe der Kontextualisierung, auch äußern, aber abstimmen? Mit Ja? Mit Nein? Man stelle sich vor, wir würden über ein Thema abstimmen, zu dem kaum einer was weiß und dann ohne Gelegenheit zur inhaltlichen Aufklärung zur Tat schreiten. Unverantwortlich wäre hier das richtige Wort. Rechtlich fragwürdig zudem.

Ein entscheidender Punkt in der rechtlichen Betrachtung ist auch mit unstreitig hinzugefügten Worten wie „Deportation“, der Assoziation des Ortes sowie den mutmaßlich behandelten Themen hier eine Gleichsetzung mit der Wannsee Konferenz zu ziehen. Damals wurde ein schreckliches Vorhaben beschlossen und jede Gleichsetzung und auch nur das Zulassen und Andeuten desselben ist eine Verharmlosung der Geschehnisse unter Hitler. §130 StGB wäre hier einschlägig.

Aktuell ist zusätzlich allein die Forderung, Menschen ihre Grundrechte zu nehmen – und seien es verurteilte Verbrecher – nicht mit dem Grundgesetz vereinbar und nicht verfassungskonform. Für Beamte bestünde hier sogar eine Remonstrationspflicht, wenn solche Forderungen an sie herangetragen werden. Allein diese aktuelle Diskussion über solche Fragen könnte als Aufruf zum Rechtsbruch gewertet werden. Wir gehen tatsächlich davon aus, dass jeder einzelne, der eine solchen Forderungen zustimmt, juristisch belangt werden könnte, selbst bei einer Enthaltung. Entsprechend rechtlich fragwürdig der Vorschlag eines Ratsmitgliedes, einem anderen Ratsmitglied den deutschen Pass wegzunehmen. Ist das schon die Aufforderung zu einer Straftat, infantiler Übermut oder Betroffenheit und Anbiederung an eine vermeintliche Mehrheit? Ich weiß es nicht und könnte deshalb auch nicht darüber abstimmen, ob dieses Ratsmitglied noch bei Sinnen ist. Eine Meinung dazu darf ich aber sehr wohl haben.

Sören Köppen, 

Kreisverband LüDaLü
Mitglied im Stadtrat der Hansestadt Lüneburg
soeren.koeppen@diebasis-ni.de